Fotograf Eric Spahn

Preisträger BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021

Neubau Feuerwehr Ingelheim am Rhein

Ingelheim am Rhein

Fotograf Eric Spahn

Neubau Feuerwehr Ingelheim am Rhein

Ingelheim am Rhein
Architekt
Braunger Wörtz Architekten GmbH
Fertigstellung
2021
Mitarbeitende Personen
Christian Joeken, Wolfgang May, Julia Gebhard, Anja Groschupp, Sarah Röder, Florian Schorer
Fotografie
Eric Spahn
Bauherr
Stadtverwaltung Ingelheim am Rhein

Der Neubau der Feuerwehr soll in einer Umgebung mit bisher wenig identitätsstiftendem Charakter die Örtlichkeit nachhaltig aufwerten. Die Gebäudefigur sorgt dabei für Ruhe und Klarheit. Neu entstandene Außenräume nehmen wie selbstverständlich die geforderten Nutzungen auf und bilden beste Orientierung und Organisation ab. 

Der äußeren klaren Zuordnung folgt die innere Organisationsabfolge des Gebäudes. „Unter einem Dach“ nimmt die große Fahrzeughalle alle Fahrzeuge, Lager, Werkstätten und die Waschhalle auf. Der Sozialtrakt mit Feuerwehreinsatzzentrale, Umkleiden, Verwaltung sowie Konditionsräumen gliedert sich zweigeschossig in die Kubatur der Fahrzeughalle. Neben den Ruheräumen finden sich auch die Jugend- und Schulungsräume im östlichen Teil des Obergeschosses wieder. Diese sind flexibel zusammenschaltbar und durch Shed-Dächer attraktiv belichtet. Die Schlauchpflege mit Übungsturm markiert als Hochpunkt das Ende der Nutzung. Konstruktion und Materialität sind mit der gewählten Bauweise aus Stahlbeton-Fertigteilen wirtschaftlich und wartungsarm. 

Die als Sandwich-Fertigteil gebauten Außenwände setzen sich aus einer innenliegenden Stahlbetontragschale, einer Kerndämmung sowie einer mittels horizontaler Strukturmatrize gestalteten Stahlbetondeckschale zusammen. In Kontrast markieren eindeutige Öffnungen und Auffaltungen Transparenz und großzügig belichtete Räume. 

Die Zuschlagstoffe der Betonrezeptur stammen aus dem nahegelegenen Mittelrheinischen Becken. Nach dem Ausschalen wurden die Außenwände gesäuert und erhielten so ihre warmbeige, sandige Optik. Eine Verbindung zur Region ist dadurch geschaffen.

Preisträger

BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021 – AUSZEICHNUNG

BEGRÜNDUNG DER JURY

Mit der Auswahl des Entwurfs in einem hochbaulichen Realisierungswettbewerb fand die kluge Organisation und Zuordnung aller Räume, die Andienung der Fahrzeughalle und deren innere Organisation zurecht eine besondere Würdigung. 

Die bauliche Umsetzung des stimmigen und kraftvollen Entwurfes erfolgte mit ähnlicher Präzision. Ein großes Feingefühl für Materialien und deren konstruktive Fügung ließ ein architektonisch hochwertiges Gebäude entstehen, das die Belange und Wünsche der Nutzer bestens bedient. Diese waren von einiger Komplexität, denn immerhin galt es eine große Feuerwache, die nicht nur die Region, sondern auch den Boehringer Industriepark abzudecken hat, mit größtmöglicher Funktionalität zu entwickeln. 

Bei der Organisation aller Räume und Hallen werden nicht nur alle Prozesse und Abläufe bestens berücksichtigt, sondern mit großer Sensibilität finden unterschiedliche Nutzungen – Besprechungs-, Schulungs-, Freizeit- und Ruheräume – jeweils einen eigenen räumlichen Ausdruck und eine angemessene Materialisierung und Farbigkeit. Mit Tageslicht wird ebenso souverän umgegangen wie mit dosierten Außenraumbezügen. Die Fassaden leben von dem Wechsel offener Hallenstrukturen mit aneinandergereihten Toren und massiven Fassadenelementen mit einer sorgfältig gestalteten Sichtbeton-Vorsatzschale. Ihre Anmutung wird bestimmt durch das warme Beige, das der Sichtbeton durch ausgewählte Zuschlagstoffe – Sande und Kiese aus dem Rheintal – bekommt, sowie durch die gebänderte Gliederung der Oberfläche. 

Gerade vor dem Hintergrund dieser hohen architektonischen Qualität, die dem Raumprogramm signifikante und dennoch im Detail sehr feingestaltete Volumen abgewinnt, ist es sehr bedauerlich, dass diese öffentliche Baumaßnahme in dem belanglosen Gewerbegebiet eingebaut und abgestellt erscheint, obwohl seine ansprechende Gestaltung und Baukörpergliederung sehr gut geeignet gewesen wäre – trotz aller verkehrlichen und Erschließungsherausforderungen – eine urbane Umgebung städtebaulich zu bereichern. 

Das Gebäude ist ein ausdrucksstarkes Beispiel dafür, wie eine eigentlich profane Bauaufgabe mit zahlreichen reglementierten Funktionsabläufen und Anforderungen durch viel Engagement auf Bauherren- und Planerseite zu einem sehr stimmigen und individuellen Ganzen werden kann.